Das Projekt: Informationsinfrastruktur als Lernprozess

Neue Informationssysteme können die Kommunikation der Akteure im Gesundheitswesen verbessern. Dies funktioniert aber nur, insoweit die Akteure diese Neuerungen auch in ihren Alltag integrieren. Im Projekt Informationsinfrastruktur als Lernprozess haben wir uns daher den Alltag bestimmter Akteure des Gesundheitswesens angeschaut um herauszufinden, ob und wie ein Informationsaustausch mit anderen Akteuren erfolgt. Dabei ging es insbesondere um Informationen über die Medikamente, die Menschen mit Demenz einnehmen sollen, da diese Personen auf die Unterstützung anderer Akteure besonders angewiesen sind. Die entsprechenden Akteure sind Ärzte/Ärztinnen, Apotheker/Apothekerinnen, Pfleger/Pflegerinnen, Angehörige und Betreuer/Betreuerinnen. Die in dem Projekt durch einen Lernprozess entwickelten Maßnahmen haben dazu beigetragen, dass der Austausch von Medikationsdaten zwischen allen beteiligten Akteuren verbessert sowie die Arzneimitteltherapiesicherheit der betreuten Menschen mit Demenz erhöht wurde.

Das Ziel bestand darin, die Arzneimitteltherapiesicherheit bei der ambulanten Betreuung von Menschen mit Demenz zu fördern. Um dies zu erreichen, sollte

  • der Austausch von Medikationsdaten zwischen allen beteiligten Akteuren verbessert werden, und
  • das Verständnis über den jeweiligen Alltag der anderen an dem Medikationsprozess beteiligten Akteure verbessert werden.
–> Hier gelangen Sie zu einem kleinen Ergebnisvideo.

Das Projekt wurde in der Zeit von Mai 2018 bis Juli 2021 in Wegberg durchgeführt. Anlässlich des erfolgreichen Projektabschlusses wurde im Kreis Heinsberg folgende Pressemitteilung veröffentlicht:

Auf dem Weg zu einer sicheren Medikation bei der ambulanten Betreuung von Menschen mit Demenz – Ergebnisse eines Forschungsprojekts

Medikamente sollen nutzen und nicht schaden! „Arzneimitteltherapiesicherheit“ heißt der Fachbegriff dafür, und sie ist Teamwork! Dieser Anspruch hat in Heinsberg mehrere Akteure drei Jahre lang zu einem Projekt zusammengeführt. In etlichen Workshops wurden die Medikationspläne von Demenzkranken besprochen. Ziel war es, dass alle Beteiligten – die Patienten selbst bzw. ihre Angehörigen, Haus- und Fachärzte, Apotheker, Pflegekräfte – immer genau wissen, welche Medikamente jemand nimmt. Dies klingt einfacher als es ist, denn oft werden Tabletten oder Dosierungen umgestellt und nicht alle Beteiligten erfahren das. In dem Projekt wurde ein Bündel von Maßnahmen erarbeitet, die einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit der gemeinsam betreuten Patientinnen und Patienten leisten. Das reicht von der richtigen Lagerung der Medikamente über den Vermerk, wann und von wem die Tabletten oder Tropfen verordnet wurden, bis hin zu dem Vorschlag, bei Verordnung eines neuen Medikamentes oder Überweisung an einen Facharzt immer den aktuellen Medikationsplan anzuheften.

Warum der ganze Aufwand? Werden die falschen Medikamente miteinander kombiniert, kann dies gerade bei alten Menschen zu allen möglichen Symptomen wie z.B. Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Verwirrtheit und Erhöhung des Sturzrisikos führen. Auch frei verkäufliche Medikamente wie etwa Erkältungs-, Schlaf- oder sogar Nahrungsergänzungsmittel sind da nicht ausgenommen. Vielfach wissen die Ärzte nicht, was ihre Patienten so alles einnehmen. Das Risiko unerwünschter Arzneimittelwechselwirkungen steigt mit der Anzahl der eingenommenen Arzneimittel. Wenn sich aber alle Beteiligten darauf einigen, den sog. bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) zu benutzen und den immer aktuell zu halten, kann die Gefahr deutlich reduziert werden. Den Patienten und Angehörigen muss klar sein, dass dies ein wichtiges Dokument für ihre Gesundheit ist.

Das dreijährige Projekt „Medikation – aber sicher“ wurde vom Land NRW gefördert. Projektpartner waren das Gesundheitsamt des Kreises Heinsberg, die ambulanten Pflege der Caritas, die Tagespflege der Alten- und Pflegeheime St. Josef, das Lehr- und Forschungsgebiet Wirtschaftsinformatik der RWTH sowie Apotheker, Haus- und Fachärzte aus Wegberg.

Weitere Informationen zu den Projektergebnissen inklusive einer Darstellung sämtlicher erarbeiteter Maßnahmen finden Sie im Downloadbereich.

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Learning Community Heinsberg

Wir sind ein Zusammenschluss von lokalen Ärzten, Apothekern, Fachleuten des Gesundheitswesens und Forschern. Unser Ziel ist die organisations- und professionsübergreifende Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Lernatmosphäre zu fördern, um die Qualität der Versorgung im Gesundheitswesen und hier insbesondere die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern.

Die Learning Community Heinsberg hat auch schon in der Vergangenheit ähnliche Projekte begleitet. Dabei ist aus einem früheren Projekt beispielsweise der Medikationspass für die Region Heinsberg entstanden.

Zu den Mitgliedern der Learning Community Heinsberg

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Arzneimitteltherapiesicherheit

Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) beschäftigt sich mit der sicheren Einnahme von Medikamenten unter Vermeidung von unerwünschten Neben- und Wechselwirkungen. Dabei gilt: je mehr Medikamente gleichzeitig eingenommen werden sollen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für unerwünschte Neben- und Wechselwirkungen. Besonders relevant wird das Thema bei Personen, die beispielsweise aufgrund einer Demenzerkrankung auf die Hilfe anderer Personen angewiesen sind. In solchen Fällen sind an der Verschreibung und Verabreichung von Medikamenten oft viele verschiedene Personen beteiligt: Ärzte, Apotheker, professionelle Pflegekräfte, versorgende Angehörige und andere informelle Betreuer.

Für alle am Versorgungsprozess Beteiligten ist es wichtig zu wissen, welche Medikamente die Personen einnehmen, in welcher Dosierung, zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Grund. Dabei sind nicht nur die ärztlich verschriebenen Medikamente von Bedeutung, sondern auch jene, die rezeptfrei erworben werden können. Beispielsweise erhöht sich die Gefahr einer Blutung bei Marcumar-Patienten, wenn sie zusätzlich ein weiteres, blutverdünnendes Medikament zu sich nehmen (wie beispielsweise Aspirin).

 

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Bundeseinheitlicher Medikationsplan

Seit Oktober 2016 haben Patienten/-innen, die mindestens drei ärztlich verordnete Medikamente einnehmen, einen Anspruch auf einen sogenannten bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP). Die Idee besteht darin, eine möglichst vollständige Übersicht der Medikation eines Patienten zu bieten, um so Risiken durch Wechselwirkungen zu verringern. Die unten aufgeführte Abbildung zeigt ein Beispiel eines BMP.

In unserem Projekt stellen wir uns nun die folgenden Fragen:

• Wie hilft der BMP, die Akteure besser zu vernetzen?

• Kann durch eine bessere Vernetzung mithilfe des BMP eine Erhöhung der Arzneimitteltherapie erreicht werden?

• Welche rechtlichen, sozialen und ethischen Probleme treten dabei auf und wie können wir diese beheben?

Zur Vernetzung bietet der BMP einen 2D-Barcode, der ein einfaches elektronisches Verarbeiten ermöglicht (siehe Abbildung, obere rechte Ecke). Beispielsweise könnten Angehörige den 2D-Barcode mit einem Smartphone einscannen, um ihn dann selbst zu aktualisieren. In einem anderen Projekt haben wir dazu PApp – Die Patientenapp entwickelt.

Der damit aktualisierte Medikationsplan kann dann wieder ausgedruckt oder als neuer 2D-Barcode angezeigt werden. Die App ist bisher nur für den Einsatz durch Patienten konzipiert. Nun soll sie auch für den Einsatz durch weitere Akteure wie Angehörige, Ärzte, Apotheker und Pfleger erweitert werden.


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